MIT und CDU informierten sich über den Rückbau des nuklearen Teils des Kernkraftwerks Lingen (KWL)

Datum des Artikels 08.07.2016

Für den Abbau der Restanlage liegt seit Dezember letzten Jahres die Genehmigung vor. Der Abbau des KWL erstreckt sich über ca. 15 Jahre und wird mit 178 Mio. € kalkuliert (zum Vergleich: für den Austausch der Brennelemente im Kernkraftwerk Emsland in 2015 waren 150 Mio. € Brennelementesteuer abzuführen). Die Kosten des Rückbaus aller deutschen Kernkraftwerke werden auf 30 Mrd. € geschätzt (zum Vergleich: die EEG-Abgabe belief sich 2015 auf 23 Mrd. €; Schätzung 2016 26 Mrd. €). Dafür wurden Rückstellungen gebildet, die von unabhängigen Wirtschaftsprüfern ermittelt wurden. Die Kraftwerksbetreiber gehen davon aus, dass dieser Kostenansatz durch Optimierung, Erfahrung, Bündelung von Aufgaben usw. unterschritten wird. So wurde der Rückbau der Dampfumformer in Mülheim-Kärlich, Biblis und Lingen in einem Auftrag gebündelt und gesamt ausgeschrieben.

Dr. Jürgen Haag von RWE erläuterte, dass RWE über jahrzehntelange Erfahrung bei Stilllegung und Abbau kerntechnischer Anlagen verfügt:

KKW VAK Kahl, Siedewasserreaktor (SWR), 16 MW, „Grüne Wiese Oktober 2010“

KKW Grundremmingen A, SWR, 250 MW, Abbau Anlagenteile abgeschlossen

KKW Mülheim-Kärlich, Druckwasserreaktor (DWR), 1.219 MW, Abbau kontaminierter Anlagenteile

KKW Biblis A u. B, DWR, 1.146 MW u. 1.240 MW, Nachbetrieb/Planung Abbau

KKW Lingen, SWR, 240 MW, Übergang vom sicheren Einschluss zum Abbau

Der Rückbau erfolgt durch die Zerlegung der Komponenten vor Ort (z. B. Zerlegung des Reaktordruckbehälters) durch Ausbau der Komponenten im Ganzen und Nachzerlegung in der Anlage oder durch Ausbau der Komponenten und Bearbeitung in externen Einrichtungen (Ausbau und Abtransport).

Als Abbauverfahren werden die üblichen Thermischen Schneidtechniken (Autogenes Brennschneiden, Plasmaschneiden, Laserstrahlschneiden und Kontakt-Lichtbogen-Metall-Schneiden, wenn erforderlich maschinengeführt) und Mechanischen Zerlegetechniken (Band-, Stich- und Diamant-Seilsägen, Scheren, Brechen und Fräsen) eingesetzt.

Die Abbaumaterialien werden unterteilt in aktiviertes, kontaminiertes und nicht kontaminiertes Material. Aktiviertes Material ist radioaktiver Abfall und kommt ins Endlager. Das nicht kontaminierte Material kann in den Wertstoffkreislauf zurückgeführt werden.

Das kontaminierte Material wird durch chemische und mechanische Dekontamination, Reinigen, Wasserstrahlen, Trockenstrahlen mit dem Ziel bearbeitet, die radioaktiven Verunreinigungen zu entfernen und den Reststoff freizugeben.

Für den Abbau und für die Reststoff- und Abfallbehandlung stehen qualifizierte Dienstleiter zur Verfügung (u. a. GNS, Jülich, Studsvik, Siempelkamp, EWN, TZ Grundremmingen).

Die Abbaumassen des KWL belaufen sich auf 59.000 t (Gebäude), davon sind   Stahlbau 2.000 t, kontaminierte Systeme 1.440 t und aktivierte Systeme (Reaktordruckgefäß (RDG) und Bioschild) 570 t. Die Abfallmasse für das Endlager beläuft sich auf ca. 1.500 t. Das entspricht 500 m³ (= Volumen eines Reihenhauses).

Jeder Abbauschritt wird von der Behörde (Landesbehörde unter Aufsicht des Bundesumweltministeriums) freigegeben und von dieser überwacht.

Nach der Vorstellung des geplanten Rückbauprojektes bestand die Möglichkeit zum KWL zu fahren und einen Eindruck vom Außenbereich der bestehenden Anlage zu gewinnen.

Zum Abschluss bedankten sich Christian Fühner (Vorstand CDU-Stadtverband) und Helmut Holt (Vorstand MIT Kreisverband) bei Dr. Jürgen Haag für die ausführlichen Informationen über den Rückbau und bei den Teilnehmern der Veranstaltung für die rege Diskussion.