28. „Gespräche MIT Genuss“ der MIT Lüneburg - Energiemanager Gert Maichel über die Auswirkungen der Energiewende

Datum des Artikels 16.02.2018

Regen Zuspruch fanden die 28. „Gespräche MIT Genuss“ der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung (MIT) Lüneburg: Knapp 40 Mitglieder und geladene Gäste erfreuten sich an einem genussvollen Menü und passenden Getränken, präsentiert vom hervorragenden Küchen- und Serviceteam des „Schneider’s am Wasserturm“.

Besonderer Gast war der seit kurzem in Lüneburg lebende Dr. Gert Maichel, der sein gesamtes Berufsleben in der Energiewirtschaft verbracht hat und einen scharfen und zum Teil kritischen Blick auf die Auswirkungen der Energiewende warf.

Vorher hatte die alljährliche Mitgliederversammlung stattgefunden, auf der der MIT-Vorsitzende Peter Luths auf ein besonders erfolgreiches Jahr zurückblicken konnte. Höhepunkt war der 32. Landesmittelstandstag der MIT Niedersachsen, der mit über 200 delegierten Mittelständlern, Referenten, Politikern, Vertretern der Verwaltung, der Wissenschaft, der Gesellschaft und der Presse, Künstlern beim „Lüneburger Abend“ und Gästen im Juni 2017 in Lüneburg stattfand. Zudem konnte die MIT Lüneburg 2017 unter 48 Kreisverbänden in Niedersachsen den stärksten Mitgliederzuwachs verzeichnen. Wahlen standen nicht auf der Tagesordnung.

Nachdem Peter Luths bei Tisch die Gäste begrüßt und vorgestellt hatte, legte der promovierte Volljurist und Diplom-Agrarökonom zunächst mit den Zielen der Energiewende los: Neben dem Ausstieg aus der Kernenergie zum Schutz vor deren Risiken sollte die Nutzung von Kohle zur Verminderung des Kohlendioxidausstoßes und damit zum globalen Klimaschutz drastisch reduziert, die erneuerbaren Energien verstärkt ausgebaut und Maßnahmen zur Einsparung von Energieverbrauch ergriffen werden.

Tatsächlich betrug der Anteil der erneuerbaren Energien aus Wind und Sonne an der deutschen Stromproduktion 2017 bereits rund ein Drittel, sichtbar an den vielen Windkraftanlagen und Solardächern im ganzen Land. Dabei müsse jedoch berücksichtigt werden, dass der gesamte Energieverbrauch nicht nur Strom umfasst, sondern Verkehr und Raumheizung mit ca. 60 Prozent überwiegen und dort die erneuerbaren Energien kaum nutzbar sind. Deren Anteil am gesamten Energieverbrauch betrage daher weniger als ein Siebtel, so dass man allenfalls vom Beginn einer Stromwende sprechen könne.

Windstrom kann offshore inzwischen für weniger als 5 Cent/kWh, Solarstrom für etwa 10 Cent/kWh erzeugt werden, während der Verbraucher mit knapp 30 Cent/kWh belastet wird. Die Differenz summierte sich im vergangenen Jahr auf 26,5 Mrd. Euro und nicht etwa nur den Preis für eine Kugel Eis, wie es der frühere Umweltminister Jürgen Trittin in Aussicht gestellt hatte, sondern knapp 350 Euro für jeden Bundesbürger – zusätzliche Kosten allein durch die Energiewende neben den allgemeinen Energiepreisen. Und das für die Stromversorger mit langfristigen Abnahmegarantien von über 20 Jahren, weil die Wind- und Sonnenanlagen ursprünglich wirtschaftlich noch nicht wettbewerbsfähig waren. Maichel hält dies für eine Umverteilung von unten nach oben, weil Vermögende – er nennt insbesondere Hauseigentümer, Unternehmer, Landwirte – bei Investitionen in Produktionsanlagen für erneuerbare Energien staatlich garantierte Renditen erhielten, während Unvermögende jedenfalls ihre hohe Stromrechnung zu zahlen hätten.

Für unrealistisch hält es der frühere Vorstandsvorsitzende der Energieversorger VEW AG und RWE AG sowie Ex-Präsident des Deutschen Atomforums zur friedlichen Nutzung von Kernenergie und –technik auch, gleichzeitig aus der Atomenergieproduktion auszusteigen und hohe international vereinbarte Grenzwerte zur Reduzierung von Kohlendioxidemissionen erfüllen zu wollen. Er beruft sich dafür auf Sigmar Gabriel, der es ebenso für eine Illusion halte, gleichzeitig beide Ziele anzustreben.

Einen weiteren Schwachpunkt sieht Maichel in der noch unterentwickelten Speicherbarkeit von Strom, die angesichts wechselnder Sonnen- und Windintensität zwangsläufig zu volkswirtschaftlich teuren Über- oder durch fossile Energien auszugleichende Unterkapazitäten führe.

Wichtig war es dem engagierten Christen schon unter dem Gesichtspunkt der Bewahrung der Schöpfung, sich an jeder Maßnahme zu beteiligen, die zur Ressourceneinsparung führt. Nach einem Blick auf den globalen Klimaschutz mit den Schwierigkeiten, auch in China und den USA die Bereitschaft zur Beschränkung zu bewirken, schloss der besondere Gast mit dem Appell an die Zuhörer, sich bei dem komplexen Thema nicht mit vermeintlich einfachen, oft jedoch ideologisch geprägten Thesen zufriedenzugeben. Zahlreiche Anknüpfungspunkte für lebhafte Diskussionen und langanhaltende „Gespräche MIT Genuss“.

(Foto: MIT/Max Manzke)

(v.l.n.r.): Dr. Gert Maichel (l.) wurde als besonderer Gast der MIT Lüneburg vom Vorsitzendem Peter Luths begrüßt