MIT-Jahresauftaktveranstaltung im „Wildpark Nindorf“- IT-Experte Wulf Harder zum großen Thema „PC-Sicherheit“ – Blitzbesuch aus Berlin

Datum des Artikels 01.02.2016

Sein Debüt bei der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU (MIT) im Landkreis Harburg gab er bereits im Frühjahr 2015: Wulf Harder, international anerkannter IT-Sicherheits- und Verschlüsselungsfachmann referiert vor einem klassischen „Nutzerkreis“ über  das jeden PC-Nutzer angehende Thema „PC-Sicherheit“. Jetzt konnte MIT-Vorsitzender Wilfried Uhlmann  den in Deutschland und Estland lebenden und arbeitenden Experten erneut für einen Vortrag gewinnen, zugleich  der Start ins Veranstaltungsjahr 2016. Auch das gehört zu dieser Tradition: Grünkohl  satt.

Landkreis weiter mittelstandsfreundlich

Rund 55 Gäste aus dem gesamten Landkreis hatten sich zu der Veranstaltung im „Wildpark Nindorf“ eingefunden, der den eigentlichen Vortragsabend mit einer kleinen Natur-Einlage im besten Wortsinne handgreiflich bereicherte: eine harmlose Kornnatter und eine Stachelechse wurden den Gästen durch zwei Mitarbeiterinnen vorgestellt und nahe gebracht. Zudem gab MIT-Landkreis-Chef Uhlmann noch einen kompakten Rückblick auf das abgelaufene Jahr  und einen kurzen Ausblick auf die Aktivitäten in diesem Jahr. Über elf Veranstaltungen vermittelte die MIT ihre Kernbotschaft: Der Mittelstand ist das Rückgrat jeder Volkswirtschaft. Der Landkreis Harburg zeige sich auch weiterhin „sehr mittelstandsfreundlich“.  Christiane Oertzen, CDU-Kreistagsabgeordnete und Lehrerin, informierte über das inzwischen gut etablierte „Chefpraktikum“ für Schüler an den Gymnasien des Landkreises. Das Leitmotiv lautet: Dem Chef mal zwei Tage über Schulter schauen und dabei erkennen, wie groß die Verantwortung für eine solche Schlüsselperson in einem Unternehmen ist. Oertzen: „Es geht uns darum, den Schülern die Arbeitswirklichkeit in den Betrieben etwas näher zu bringen.“

Und auch Wulf Harder, zentraler Sprecher der Abendveranstaltung, wollte in seinem gut 50-minütigen Fachvortrag zahlreiche Fakten rund um das Thema „PC-Sicherheit“ näher bringen. Während im vergangenen Jahr sein inhaltlicher Schwerpunkt auf der Verschlüsselungsproblematik in der IT lag, ging es ihm diesmal vor allem um die besondere Rolle des „Prozessors“ in einem Rechner. Dieses kleine elektronische Bauteil, in der Fachsprache auch „CPU“ Central Processor Unit genannt, ist das Kernelement eines jeden Rechners. Auf den Punkt gebracht lässt sich sagen: Ohne Prozessor geht in einem PC gar nichts. Solche „CPU´s“ finden sich aber nicht nur in den heute allgegenwärtigen PC-Welten, sei es in den eigenen vier Wänden oder in den Unternehmen. Prozessoren sind zum Beispeil auch in jedem Auto eingebaut. Grundformel: Je mehr Elektronik, desto höher der Prozessorenanteil. „In einem Fahrzeug der Oberklasse können das schnell bis zu 100 Prozessoren sein“, berichtete Harder, dessen Publikum an diesem Abend die klassischen PC-Gebrauchsnutzer waren, die eben nicht ein IT-Studium in ihrem Lebenslauf mit vorzuweisen haben.

Auch Europäer brauchen eigene Prozessoren-Entwicklung

Die Entwicklungshoheit bei den Prozessoren liegt weiterhin in den USA. Länder wie China und Russland sind allerdings dabei, sich aus dieser Entwicklungs- und Versorgungsabhängigkeit zu befreien und treiben eigene Prozessoren-Entwicklungen voran. Und Europa? Hier fällt die Antwort denkbar knapp aus: „Bislang Fehlanzeige.“ Doch das müsse sich ändern, lautete sein Plädoyer: „Auch die Europäer brauchen eine eigenständige Prozessoren-Entwicklung.“ Harder spitzte sogar noch etwas zu: „Eine solche, eigene Prozessoren-Entwicklung ist nach meinem Dafürhalten sogar noch wichtiger als der Aufbau eines eigenen, europäischen Satellitennavigations-Systems oder die Herstellung eines europäischen Flugzeugs.“ Was die Zuhörer des Abends durch die Bank überraschte war dieser Informationsbaustein: "Viele heutige Prozessoren eines bekannten Herstellers enthalten einen eigenständigen Rechner mit Betriebssystem, der Zugriff auf wichtige Komponenten des PCs hat." Jeder Prozessor lasse sich von außen ansteuern und damit gewissermaßen wie eine Haustür öffnen. Mit der Folge: Man hat von außen Zugriff auf das „geheime“ Innere und könnte auch steuernd eingreifen, ohne dass es der eigentliche Nutzer mitbekommt. Und schon war ein weiteres, zentrales Stichwort aus dem großen Sachgebiet „IT-Sicherheit“ gefallen: der „Trojaner“, in diesem Fall der "Hardware-Trojaner". Das Betriebssystem des PCs hat keine Kontrolle über das sich im Rechner des Prozessors befindliche Betriebssystem. Diese Problematik hat das BSI in seinem Bericht "Die Lage der IT-Sicherheit in Deutschland 2015" bestätigt.

Unsere Industrie braucht höhere IT-Sicherheitsstandards

Harder setzte sich im weiteren Verlauf seines Vortrags  mit verschiedenen Detailanmerkungen dafür ein, den PC „vertrauenswürdiger zu machen“, indem alle Komponenten überprüfbar werden müssen und für sicherheits-kritische Prozesse nur bewiesen sichere Kryptographie verwendet werden darf. Damit sieht der IT-Fachmann aber nicht den klassischen Otto-Normalverbraucher-Anwender in der Pflicht, der hier unmittelbar an Grenzen stößt, sondern eine ganz andere Instanz: die nationalen Regierungen. Ihnen muss die allgemeine IT-Sicherheit auch über das klassische Lippenbekenntnis hinaus eine Herzensangelegenheit sein. Ein wichtiger Schritt auf diesem Weg sei das Vorantreiben der Kryptographie-Standards. Harder sprach sich dafür aus, dafür die entsprechenden materiellen wie auch personellen Ressourcen im Urinteresse eines jeden Staates voranzutreiben. Auch hier sieht Harder die Europäer als Ganzes gefordert, ihre Kräfte zu bündeln. Ein Anheben der IT-Sicherheitsstandards, möglicherweise im europäischen Alleingang, hält Harder für unumgänglich. Wichtig sei es auch, dass das Feihandelsabkommen TTIP den Europäern diese Option offen hält ohne dass unsere Regierungen dafür verklagt werden können. Die verschiedenen Nachfragen und Anmerkungen aus dem Zuhörerkreis zeigten, dass Harders Vortrag zum Nachdenken angeregt hatte.

Blitzbesuch aus Berlin

Und auch das gehörte zur MIT-Auftaktveranstaltung  in Nindorf. Ein „Blitzbesuch“ und Kompaktvortrag zur Lage der Nation von Michael Grosse-Brömer, erster parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Bundestagsfraktion und Abgeordneter aus dem Landkreis. Das zentrale Thema: die Bewältigung  der gewaltigen Flüchtlingsströme. Grosse-Brömer: „Die Flüchtlingskrise ist eine globale Krise, und deshalb können wir als Deutschland sie auch nicht allein lösen. Das müssen wir europäisch lösen.“ Dabei räumte er ein, dass die Europäische Union (EU) weiterhin von der eigentlich gebotenen Solidarität noch weit entfernt sein. Grosse-Brömer: „Europa ist einfach mehr als „nur“ eine Wirtschaftsgemeinschaft.“ Es sei auch und vor allem eine „Wertegemeinschaft“, und die müsse es in diesem Jahr im ureigenen Interesse unter Beweis stellen, soll die Gemeinschaft nicht zerbrechen.